Joshua Rifkin

Joshua Rifkin, geboren am 22. April 1944 in New York, ist ein US-amerikanischer Dirigent, Pianist, Cembalist und Musikwissenschaftler. 1978 gründete er The Bach Ensemble. Die Musik-Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), zählt ihn „zu den bedeutendsten Bach-Interpreten der Gegenwart“.

Weltweite Engagements

Rifkin leitete als Dirigent namhafte Orchester in den USA, Europa, Israel, Australien und Japan. Zu den Orchestern, mit denen er zusammengearbeitet hat, gehören das English Chamber Orchestra, Scottish Chamber Orchestra und Israel Camerata, Jerusalem; die St. Louis Symphony, San Francisco Symphony und Victorian State Symphony, Melbourne; das St. Paul Chamber Orchestra, Los Angeles Chamber Orchestra und Prager Kammerorchester; das Haydn-Orchester, Bozen und Trient, die Jerusalem Symphony, die Solistas de México, das BBC Concert Orchestra, die City of London Sinfonia, das National Arts Centre Orchestra of Ottawa und die Houston Symphony.

Alte Musik

Den Schwerpunkt seines Schaffens bildet die Alte Musik. Neben seiner Arbeit mit The Bach Ensemble und der gemeinsamen Einspielung von Bachs h-Moll-Messe, Bachs Magnificat und zahlreichen Kantaten, leitete er von 1992 bis 1997 die jährliche Sommerakademie für Alte Musik in Brixen/Italien. Er führte Monteverdis‘ L‘Orfeo am Theater Basel auf; 2001 debütierte er an der Staatsoper München mit einer neuen Produktion von Purcells Dido und Aenea und Händels Acis and Galatea. Er hatte die musikalische Leitung der modernen Uraufführung von Alessandro Scarlattis Venere, Amore e Ragione in Chicago; er dirigierte Mozarts Requiem und mehrchörige Psalmen von Heinrich Schütz beim Festival Oude Muziek in Utrecht; weiterhin hatte er Gastauftritte mit dem Ensemble Gradus ad Parnassum Wien, der Schola Cantorum Basiliensis, dem Norsk Baro- korkest, Oslo und dem Bach Concertino Osaka, mit dem er auch seine Ergänzung der Bach-Kantate BWV 216 eingespielt hat. Mit der Cappella Pratensis setzte Rifkin sich intensiv mit Renaissance-Polyphonie auseinander, auch diese Zusammenarbeit mündete in einer CD-Einspielung. In Antwerpen und bei den „Tagen Alter Musik“ in Regensburg 2015 und 2016 brillierte er mit einer neuedierten und neusortierten Marienvesper von Monteverdi, Ostern 2016 war seine solistisch aufgeführte und ebenfalls neueditierte Matthäuspassion teil des 1. Bachfest in Jerusalem.

Johann Sebastian Bach

Die Konzertjahre 2008 bis 2012 waren überwiegend Johann Sebastian Bach gewidmet und führten den Musiker in die Bachstädte Arnstadt und Weimar, nach Antwerpen, Boston und Japan: Auf dem Programm standen die Brandenburgischen Konzerte, diverse Kantaten und die Matthäuspassion mit den Ensembles Cambridge Concentus, Boston und Kunitachi iBach Collegium.

Einen Höhepunkt fand Rifkins intensive Beschäftigung mit dem Kantatenwerk Bachs im Dezember 2010 in Leuven/Belgien in einer solistischen Aufführung des Weihnachtsoratoriums: Die Kantaten 1 bis 3 in der Interpretation von Taverner Consort & Players unter Leitung von Andrew Parrott, die Kantaten 4 bis 6 interpretierte von The Bach Ensemble und Joshua Rifkin und zum weiteren Vergleich schließlich Sigiswald Kuijken und sein Ensemble La Petite Bande mit den Weihnachtskantaten BWV 122, BWV 57, BWV 97 und BWV 151.

Künstlerischer Leiter des Bach:Sommers Arnstadt

In der Oberkirche Arnstadt, der Wirkungsstätte als Organist von Johann Sebastian Bachs Großonkel Heinrich Bach von 1641 bis 1692, führte Joshua Rifkin 2009 zwei von ihm rekonstruierte Konzerte Johann Sebastians Bachs auf: Konzert für Oboe, 2 Violinen, Viola und Continuo Es-Dur, rekonstruiert nach BWV 49, 169 und 1053 und Konzert für Oboe, Violino concertato, Violino ripieno, Viola und Continuo c-Moll, rekonstruiert nach BWV 1060. Seit 2011 ist Joshua Rifkin Künstlerischer Leiter des jährlich in Arnstadt und Wandersleben stattfindenden Bach:Sommers. Ensembles in residence sind neben dem von Rifkin 1978 gegründeten The Bach Ensemble seit 2012 auch das belgische Vokalensemble Vox Luminis, über das Rifkin in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung im August 2012 sagte: „Von einem Ensemble mit dieser Ästhetik, diesem Repertoire und diesem solistischen Niveau habe ich immer geträumt.“

Bach-Forschung

Schon früh begann Rifkin ein intensives Bach-Quellenstudium. Eine seiner ersten Entdeckungen 1975 war, dass die Matthäuspassion nicht wie bis dahin angenommen wurde 1729, sondern bereits am Karfreitag 1727 uraufgeführt wurde. Im Jahr 2000 kommt Rifkin in einem Aufsatz im Bach-Jahrbuch zu dem Schluss, dass die Kantate Nun ist das Heil und die Kraft, BWV 50, die schon länger Fragen aufwarf, nicht Bach zuzuschreiben ist. 2006 veröffentlichte Rifkin eine Kritische Ausgabe Bachs h-Moll-Messe bei Breitkopf & Härtel. In die heute weithin bekannte Version der h-Moll-Messe wurden posthum von Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel Bach Teile einer Messe von 1733, die erste Version des Kyrie und des Gloria eingearbeitet. In seiner Kritischen Ausgabe hat Rifkin erstmals die Version veröffentlicht, die sich strikt an Bachs letzte Aufzeichnungen von 1748-50 hält. 2007 wurde Rifkins Neuedition vom Dunedin Consort unter Leitung von John A. Butt auf CD eingespielt.

Solistische Aufführungspraxis

Grundlegenden Einfluss auf die Bachrezeption nahm Rifkin Anfang der 1980er Jahre mit einem Artikel, in dem er nachwies, dass Johann Sebastian Bach die Chorpartien seiner Kantaten, Messen, Passionen und Oratorien in der Regel nur mit einem Sänger pro Stimme besetzte. Damit brach er radikal mit einer Interpretationsvorstellung, die durch die romantischen Vorstellungen Felix Mendelssohn Bartholdys und das philharmonische Ideal des 19. Jahrhunderts geprägt war. Seine These stieß zunächst in der musikalische Öffentlichkeit auf Abwehr und Unverständnis.

Doch dann nahm sich Andrew Parrott Rifkins Belegen und Argumentation an. Im Jahr 2000 brachte der einstige Rifkin-Gegner sein Werk The Essential Bach- Choir heraus, das 2003 unter dem Titel Bachs Chor – Zum neuen Verständnis auch auf Deutsch erschien. In dieser Schrift veröffentlichte Parrott noch einmal Rifkins Aufsatz von 1981, diskutierte akribisch das Pro und Contra seiner Ausführungen und legte alle Quellen offen. Somit standen alle Argumente für die Solistenthese einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. In den angelsächsischen Länder, Frankreich, Belgien und den Niederlanden sind Rifkins und Parrotts Forschungsergebnisse heute weitgehend unstrittig. Eigentlich nur im deutschsprachigen Raum werden sie weiterhin immer mal wieder in Frage gestellt.

Lehrtätigkeit

Joshua Rifkin hatte Professuren an verschiedenen Universitäten inne, so unter anderem an den Universitäten von Harvard und Yale. Derzeit lehrt er im Fachbereich 13

der Boston University. 1999 verlieh ihm die Technischen Universität Dortmund die Ehrendoktorwürde.

(Quelle: überwiegend Wikipedia)

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